Gut besucht war der Länderabend von ai-Cham am letzten Samstag. Nach coronabedingten Ausfällen wurden den Teilnehmern vielfältige Informationen rund um die weltweite Situation der Kurden angeboten. Aktualität ist bei diesem Thema immer gegeben: Der Moderator Gerhard Höcht verdeutlichte dies an zwei Beispielen: Erdogan lehnt die Aufnahme Schwedens in die Nato ab, weil dort angeblich die PKK-Aktivisten zu sehr geschont werden. Die mögliche Wiederwahl Erdogans zum Präsidenten der Türkei könnte die Vorgehensweise gegen die Kurden verschärfen.
Der kurdische Gastreferent Younes Bahram, der seit 1986 in der DDR und anschließend im wieder vereinigten Deutschland lebt, setzt sich als freiberuflicher Journalist für geflüchtete Landsleute ein. In seinem Referat „Mein Volk ohne Staat“ zeigte er auf, wie den Kurden, auch auf Betreiben der beteiligten Großmächte, immer wieder ein eigener Staat verweigert wird. Lediglich im Norden Syriens gibt es das autonome Gebiet Rojava. In allen anderen von Kurden bewohnten Regionen ist Unterdrückung der traurige Alltag.
Willi Dietl verdeutlichte in seinem Vortrag „Kurdistan ist überall“, wie präsent kurdische Konflikte auch in Deutschland sind, wenn etwa der „FC Bayern Fanclub Kurdistan“, es gibt ihn tatsächlich, mit den Fans von Türkgücü München bei einem Fußballspiel im Sportpark Heimstetten aneinander gerät. Allein die Tatsache, dass der letzte Verfassungsschutzbericht 14500 Mitglieder der PKK in Deutschland ausweist, zeigt, wie präsent die Problematik ist. Darüber hinaus beschreibt Willi Dietl die Historie und die aktuelle Situation der Kurden in der Türkei, im Irak und Iran. Dem interessierten Leser empfiehlt er „Durchs wilde Kurdistan“ vom sächsischen Bestseller-Autor Karl May.
Liz Turba-Bernhardt lud anschließend zu einem kleinen Spaziergang durch die kurdische Gegenwartskunst ein. Sie präsentierte zum Beispiel den Künstler Sener Özmen, ein türkisch-kurdisches Multitalent. Er ist Performance-Künstler und Poet, er hat 2015 folgende Szenerie geschaffen: In einem tiefschwarzen Raum spricht er mit einer weißen Taube über Frieden. In einem Interview sagte Özmen dazu. „Ich glaube an den Frieden, sonst könnte ich nicht weiterleben…“ In diesen Kunstwerken spiegeln sich verschiedenste Facetten des kurdischen Volkes wider, häufig auch gesellschaftliche und politische Umstände.
Die ai-Gruppensprecherin Annegret Weinzierl stellte mit dem Thema „Die Kurden und die Menschenrechte“ die für Amnesty International so wichtige Problematik eindrucksvoll dar. Da die Kurden sich über mehrere Staaten verteilen, ist ihre Situation nicht einheitlich. In einigen Ländern gibt es offene Gewalt gegen Kurden, in anderen ist eine gesellschaftliche Ausgrenzung im Vordergrund. Als besonders drastischen Fall dokumentierte Annegret Weinzierl das Schicksal der 22-jährigen Iranerin Mahsa Amini. Sie starb am 16.September 2022 in Polizeigewahrsam, weil sie sich weigerte ein Kopftuch zu tragen. Abschließend wurden die Teilnehmer gebeten, eine Petition an den iranischen Botschafter in Brüssel zu unterschreiben, in der Einhaltung der Menschenrechte im Iran gefordert wird.
Die einzelnen Vorträge wurden von dem kurdischen Sänger Serdar Serbest Haji umrahmt. Hermann Seitz informierte die Zuhörer über den jeweiligen Inhalt der Lieder.
Abschließend wurden die Teilnehmer der Veranstaltung zu einem Buffet mit kurdischen Spezialitäten eingeladen.
Gerhard Höcht